Seit rund zehn Jahren kommen im Theater immer mehr Methoden oder Tools der interaktiven digitalen Medien und der Computerspiele zur Anwendung. «Game-Theatres» bedienen sich der Logik der digitalen Spiele und stützen sich dabei auf deren performatives und regelgeleitetes Storytelling. Diese Theaterformen führen zu einem neuen sozialen Raum: Das traditionelle, an Ort und Zeit gebundene Theater wird aufgebrochen und neue dramaturgische Erlebnisräume entstehen, wobei z.T ganze Gebäude oder Gebäudekomplexe und Industriebrachen bespielt werden. Die Triangulation aus Theater (als Raum, Institution, Drama), Produktion (als Autor, Produzentenkollektiv, Regisseur und Dramaturg) und Publikum (als Zuschauer, Beteiligte oder Interpreten) löst sich auf. Alle Beteiligten arbeiten im Spiel kreativ zusammen, vernetzen sich jenseits überlieferter Hierarchien zu Kollaborateuren und realisieren zusammen die jeweiligen «performativen Ereignisse». Die Partizipativität und Immersion, die für virtuelle Welten charakteristisch sind, sind denn auch für die Ludification des Theaters von besonderer Relevanz. Erst durch ein genuines Versinken in eine Geschichte oder ein Spiel, dessen Teil man geworden ist, ist man emotional so involviert, dass die fiktive Welt sich „real“ anfühlt und so eine neue Utopie des Theatralen ermöglicht wird.
Die Tagung nimmt diese Tendenzen in den Fokus und widmet sich folgenden Fragen: Welche Auswirkungen zeigt die Digitalisierung, hier verstanden als die Verwendung von Logiken digitaler Spielformate und -narrative im Theater? Wie kreieren die Teilnehmenden gemeinsame Welten, die eine Involviertheit und Engagiertheit in Bezug auf andere Personen einfordern, aber auch Fragen der ethischen Aussetzung aufwerfen, in der darüber hinaus jedes Gefälle zwischen Spielenden und Betrachtenden aufgehoben erscheint? Wie schaffen die miteinander konfrontierten Kollaborateure kreativ neue Utopien?